Klassik im Heinrich-Heine-Kulturforum ♥

Das „Internationale Opernstudio“ der Oper Köln begeistert

14.02.2020

Norbert Hußmann, der Leiter des Heinrich-Heine Kulturforums in Köln Ostheim, war ein besonderes Wagnis eingegangen. Dort, wo sich sonst die „Höhner“, die „Bläk Föss“ oder aber Kabarettisten vom Schlage eines Jürgen Becker oder Wilfrid Schmickler ein Stelldichein geben, trat nun das „Internationale Opernstudio der Oper Köln“ unter ihrem Leiter Rainer Mühlbach auf und bot ein Konzert mit einem Strauß bunt gemischter Highlights aus Oper, Operette und Musical. Mit über 450 Besuchern hatten nur die größten Optimisten im Vorfeld gerechnet, aber offensichtlich war die Neugier des nicht opernaffinen Publikums auf ein ihm weitgehend unbekanntes Musikgenre groß genug, um den stimmungsvollen Konzertsaal im Heinrich-Heine-Kulturforum bis auf den letzten Platz zu füllen.

Das Attribut „international“ verdient das jetzige Internationale Opernstudio zu Recht. Die acht Sängerinnen und Sänger kommen aus Island, Russland, Serbien, Österreich, Südkorea und Deutschland und werden u.a. von der Oper Köln und dem „Verein der Freunde der Oper Köln e.V.“ gefördert und unterstützt. Die jungen Künstlerinnen und Künstler eroberten die Herzen der Besucherinnen und Besucher im Sturm. Am Ende des Konzerts wollte der Beifall nicht abebben, sodass sich die junge Sängerschar nicht zweimal bitten ließ und das Auftrittslied des Escamillo aus Bizets „Carmen“ vielstimmig und mit Verve erklingen ließ. „Das war einfach voll geil“, meinte ein älterer (!) Besucher anerkennend und fügte beinahe entschuldigend hinzu: „Ich hätte nicht gedacht, dass Oper so schön sein kann.“

Sozusagen als Ouvertüre feuerte der russische Tenor Anton Kuzenok die neun hohen Cs in der Arie des Tonio „Ah mes amis“ (Gaetano Donizetti, La fille du régiment) mit Leichtigkeit und Brillanz wie Raketen ab und brach damit das Eis angespannter Erwartung. Lautstarker Beifall war der gerechte Lohn für diese wunderschöne Belcanto-Leistung. Ausschnitte aus Mozarts Erfolgsopern „Die Zauberflöte“ und „Don Giovanni“ zeigten dann, welchen musikalischen und schauspielerischen Reifegrad die KünsterInnen dieses Abends bereits gewonnen haben. Stefan Hadžić als Papageno bzw. Don Giovanni, Alina Wunderlin, eine Hochseilakrobatin in Sachen Gesang, als beeindruckende Königin der Nacht in der Höllenarie, Sung Jun Cho mit dämonischer Bassgewalt als Komtur und der umtriebige Florian Köfler als Leporello im Schlussterzett des 2. Aktes des „Don Giovanni“ oder die südkoreanische Koloratursopranistin Ye Eun Choi als entzückende Papagena, sie alle erwiesen sich als wunderbare Sachwalter der Musik Mozarts und wurden dafür begeistert gefeiert.

Die isländische Mezzosopranistin Arnheiður Eiríksdóttir glänzte nicht nur in der Cavatina der Rosina „Una voce poco fa“ aus Rossinis „Il barbiere die Siviglia“, sondern auch in dem den ersten Teil des Konzerts beschließenden Blumen-Duett aus Léo Delibes Oper „Lakme“. In Zusammenspiel und Zusammenklang mit der herrlichen Sopranstimme Alina Wunderlins konnte der Mezzo der jungen Isländerin seine verzaubernde Klangschönheit entfalten. Wie man hört, werden beide Sängerinnen schon jetzt von mehreren Opernhäusern umworben. Wen kann das wundern!

Das Perlenfischerduett aus Georges Bizets Oper „Les pécheurs de perles“ eröffnete den zweiten Teil des Konzerts und Stefan Hadžić und Anton Kuzenok brauchten sich in ihrer Interpretation dieses Ohrwurms der Opernliteratur nicht hinter ihren großen Vorbildern Jussi Björling und Robert Merrill zu verstecken. Bravo! Ein weiterer Höhepunkt dieses Abends war sodann dem südkoreanischen Bass Sung Jun Cho vorbehalten. Er gab in der großen Arie des Filipe „Ella giammai m’amò“ aus Verdis Oper „Don Carlos“ der Verzweiflung und Trauer des spanischen Königs mit seiner warmen, vollen Bassstimme beredten Ausdruck. Die Kölner Oper kann sich freuen, mit Sung Jun Cho einen Bass zu besitzen, der sich schon jetzt für größere Aufgaben empfiehlt.

Auszüge aus Verdis „Rigoletto“ leiteten zur leichten Muse im Schlussteil des Konzerts über. Augustín Laras Reißer „Granada“ zeigte noch einmal die lyrischen Tenorqualitäten Anton Kuzenoks. Alina Wunderlin riss das Publikum mit ihrer musikalischen und schaupielerischen Darbietung der Arie der Cunegonde „Glitter an be gay“ aus Leonard Bernsteins „Candide“ zu Beifallsstürmen hin, Florian Köfler und noch einmal Arnheiður Eiríksdóttir versetzten das Publikum mit Liedern aus Millöckers „Bettelstudent“ und Franz Lehárs „Giuditta“ in Operettenseligkeit.

Die Hommage an Jaques Offenbach, dessen zweihundertster Geburtstag im letzten Jahr in Köln ausgiebig gefeiert wurde, durfte als Abschluss des Konzerts nicht fehlen. Und hier gab es für alle, die zu diesem außergewöhnlichen Konzert gekommen waren, noch ein besonderes Bonbon. Offenbachs berühmte Arie der Olympia “Les oiseaux dans la charmille” aus „Hoffmanns Erzählungen“ erklang im Duett zweier Koloratursopranistinnen (Alina Wunderlin, Ye Eun Choi), die sich gegenseitig in ihrer Koloraturakrobatik zu übertreffen und auszustechen versuchen. Diese köstliche Variante des Offenbachschen Originals stammt aus der Feder Rainer Mühlbachs, der an diesem Abend nicht nur am Klavier als einfühlsamer, hochvirtuoser und inspirierender Begleiter glänzte, sondern auch humorvoll und kenntnisreich zusammen mit dem Vorsitzenden der „Freunde der Kölner Oper e.V.“ durch den Abend führte.

„Eigentlich wollte ich nach wenigen Minuten den Saal verlassen“, meinte ein als Feuerwehrmann eher zwangsverpflichteter Konzertbesucher bei dem Umtrunk im Anschluss an das Konzert. „Aber ich bin geblieben und habe keine Minute bereut. Das war für mich eine ganz neue Erfahrung. Ich bin begeistert.“

Kann es ein schöneres Lob für die jungen Sängerinnen und Sänger und ihren Mentor Rainer Mühlbach geben? Man war sich einig. Dieser Abend muss nicht der letzte im Heinrich-Heine-Kultur-Forum gewesen sein, an dem ungewohnte Opernmusik dargeboten wird.

Norbert Pabelick
21.02.2020